Tag 57: verschwenderisch schöne Orte und ein bekanntes Gesicht

DSCF323608.09.2017

Auf dem Highway 1 verlasse ich Sunset Beach und finde bald den Bike Path dem Strand entlang bis nach Huntington Beach – einmal mehr endlose Strände, Reihen von Beachfeldern, unzählige Feuerstellen, Alt und Jung unterwegs mit dem Surfboard, die einen mit dem Auto, andere mit dem Strandbike, auf dem Skateboard oder einfach zu Fuss. Der Hochnebel von heute Morgen hat sich, wie mittlerweile gewohnt, auf den Ozean zurückgezogen, dafür weht ein steter, wenn auch nicht allzu kräftiger Gegenwind. In Newport – wieder einer dieser malerischen Orte, welche mit viel Wasser, und Jachten in verschlungenen Hafenbecken eine unbeschreibliche Anziehungskraft ausstrahlen –  entdecke ich vor mir dann tatsächlich einen weiteren Radreisenden. Kaziuka Wada, ein junger Japaner, der in New York gestartet und tatsächlich dem Highway 66 entlang an die Westküste geradelt ist, sich nun auf dem Weg nach Panama befindet und wenn er sein Herz bis da nicht verloren hat, weiter nach Argentinien durchfahren will. Sein leichtes Gepäck lässt vermuten, dass er weder selber kocht, noch ein Zelt mit sich führt, was er mir auch bestätigt. In Japan kenne man keine Motels und er geniesse es, diesen Luxus am Ende eines Tages zu haben – hat er sich mit seinem Abenteuer auch redlich verdient! Aus Newport raus wird es etwas unübersichtlich und es folgt Umleitung auf Umleitung und irgendwann verliere ich Kaziuka aus den Augen. Ich warte noch einen Moment, doch er taucht nicht mehr wieder auf – womöglich hat er eben gerade sein Herz verloren. Durch den Laguna Coast Wilderness Park führt ein gewundener Path, der mich für eine kurze Strecke vom Highway wegführt und wieder etwas näher an die Küste bringt. Hier radle ich an zwei weiteren Radtouristen vorbei – der tollen Ausrüstung entsprechend, müssten es Europäer sein – ich bin jedoch dermassen hungrig, dass ich meine Fahrt nicht abbremsen will und so weder in Erfahrung bringe, woher sie kommen, noch wohin die Reise geht. Nach einem ausgiebigen Lunch – zum Ende meiner Reise scheine ich es doch noch geschafft zu haben, die verlorenen Kalorien bereits während des Tages wieder aufzunehmen, wenn auch nicht nach sportwissenschaftlichen Grundsätzen – treffe ich die beiden in South Laguna wieder. Heike und Jürgen Nicolaus sind letzten Montag aus Deutschland in L.A. angekommen und nach einem ersten Frust über Schäden an ihren Fahrrädern nun den ersten Tag unterwegs nach San Clemente. Ihre Reise führt sie schliesslich nach Florida – ich hoffe für sie, dass die Hurrikan Saison bis dann vorbei ist.

DSCF3247Wir tauschen unsere Blogdaten aus – auch die beiden freuen sich über regen Besuch auf ihrer Seite: http://www.mellinghof.wordpress.com – und nehmen uns auch Zeit für ein paar Erinnerungsbilder, dann mache ich mich auf den Weg weiter nach Dana Point, wo ich Bonnie und Bob’s Angebot einer Übernachtung nicht nutzen werde, weil ich heute bis Oceanside fahren möchte. Dana Point ist ein extrem aufgeräumter, sehr gepflegter Ort mit vielen grosszügig gestalteten Wohnressorts. In San Clemente überlege ich mir dann kurz, ob ich nicht doch noch eine Etappe mehr anhängen und eine weitere Nacht auf einem der küstennahen, verlockend schön gelegenen Campgrounds verbringen sollte. Die Aussicht, mit Zach ein bekanntes Gesicht aus Yosemite Valley zu treffen, hält mich schliesslich davon ab. Von San Clemente bis Oceanside sind es gut 32 Kilometer Fahrt durch militärische Zone. Highway 1, Freeway 5, Old Pacific Highway und Eisenbahnschienen führen auf direktem Weg durch Übungsgelände diverser amerikanischer Kampfverbände. Entlang der ersten paar Kilometer, mit direktem Zugang zum Pazifik, befindet sich ein letzter Campground, wo man sich registrieren lassen muss, wenn man passieren will – was auch nur zu Fuss oder mit dem Fahrrad möglich ist, da der Exit nicht mehr Platz hergibt. Auf dem sich brechenden Belag des Old Pacific Highways geht es dann Richtung Oceanside. Es ist einmal mehr schön, so ganz alleine unterwegs zu sein, der Freeway nebenan stört diese Idylle nur unwesentlich und wie so oft in solchen Momenten, ertappe ich mich beim Singen. Die Strasse führt mich mal unter dem Freeway und dem Bahntrassee durch und wieder zurück und die letzten Kilometer sogar auf den Freeway – deshalb wollte mich Google Maps wohl auf einen Weg ausserhalb dieser militärischen Zone führen. Die letzten zehn Kilometer zähle ich – schon wie gewohnt – runter und finde Zachs Haus fast auf Anhieb. Nach einer herzlichen Begrüssung und einem ausführlichen Reisebericht – bei einem kühlen Bier versteht sich – reicht mir Zach etwas zu essen und bietet mir seine Couch zur Übernachtung an. Ich nehme beides dankbar an, erspare mir so den Weg nach Carlsbad – was zwar nicht mehr weit wäre – und eine Nacht im Zelt. Nur die vorbeifahrenden Züge, die bei jedem Bahnübergang dreimal ihr ohrenbetäubendes Horn ertönen lassen, stören den gemütlichen Abend, welchen wir plaudernd und oft auch gemeinsam schweigend vorüberziehen lassen. Planet Earth 2 flimmert in einem überdimensionierten Fernseher und mir fallen allmählich die Augen zu.


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